Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung – innovativ

Seit Anfang dieses Jahres kann die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung als neue Krankenhausleistung von Kliniken flächendeckend in Deutschland angeboten werden. Das heißt, psychisch schwer erkrankte Patienten können von einem Team aus Ärzten, Therapeuten, Sozialarbeitern und Pflegekräften im häuslichen Umfeld medizinisch-therapeutisch behandelt werden. Es bedarf keiner stationären Aufnahme in die Klinik mehr.

Dazu hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) den § 115d in das SGB V aufgenommen.

Noch fällt es schwer, sich vorzustellen, wie denn Patienten zuhause versorgt werden sollen, die eigentlich der Obhut eines psychiatrischen Krankenhauses bedürfen. Denn die Notwendigkeit der akutstationären Behandlungsbedürftigkeit, wie es sozialrechtlich heißt, ist obligat bei dieser Behandlungsform. Man könnte sagen, da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich.

StÄB – eine alte Bekannte

Dabei ist die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung – in Fachkreisen StäB abgekürzt - eigentlich eine alte Bekannte in der psychiatrischen Versorgung und nur unter anderen Namen wie „Hometreatment“, „aufsuchende Behandlung“ oder "wohnfeldbasierte psychiatrische Akutversorgung" bekannt.

Bereits mit der grundlegenden Reform des psychiatrischen Versorgungssystems im Jahr 1975 – der sogenannten Psychiatrie-Enquête wurde eine gemeindenahe Versorgung eingefordert. Das heißt, die Behandlung der Betroffenen sollte an ihren Lebensmittelpunkt verlagert werden und die stationären, teilstationären ambulanten und komplementären Versorgungsstrukturen ergänzen.

Seitdem entwickelten sich in Deutschland sehr unterschiedliche Formen der psychiatrischen Behandlung im häuslichen Umfeld. Einige Kliniken bieten diese Leistung beispielsweise im Rahmen sogenannter Modellprojekte an, andere erbringen aufsuchende Tätigkeiten im Rahmen der ambulanten Versorgung, wie niedergelassene Ärzte oder Psychiatrische Institutsambulanzen. Auch außerhalb des SGB V werden aufsuchende Hilfen beispielsweise von Sozialpsychiatrischen Diensten angeboten. Ein Beispiel ist das Modellprojekt nach § 64b SGB V in Riedstadt.

Was ist wirklich neu?

Neu ist, dass die Behandlung im häuslichen Umfeld mit der Einführung der StäB in die Regelversorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung übergeht. Dies bedeutet, es gibt deutschlandweit einheitliche Leistungsbeschreibungen und eine einheitliche Finanzierungsgrundlage.

Neu ist aber auch, dass diese neue Leistung nun nur noch von Krankenhäusern erbracht werden darf. Niedergelassene Ärzte, Therapeuten oder Sozialpsychiatrische Dienste können nur noch im Rahmen einer Kooperation mit dem Krankenhaus in die Behandlung mit einbezogen werden.

Kritiker sehen hier die Chance um eine echte Vernetzung aller psychiatrischen Angebote im Sinne einer optimalen Behandlung der Patienten bereits vertan.

Nun bleibt abzuwarten, ob die Einführung der StäB nur dem Aufbau einer parallelen Versorgungsstruktur dient, oder ob sich die psychiatrische Versorgung im Sinne der Patienten tatsächlich verbessert.

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