Auf den Spuren des „Waldbadens“

Als ich zum ersten Mal den Begriff „Waldbaden“ hörte, war ich zunächst skeptisch. Doch seit Waldbaden als Gesundheitsthema in der Öffentlichkeit immer populärer wird, bin ich neugierig geworden und habe mich erkundigt, was es damit auf sich hat. Der bekannteste Wald-Experte in Deutschland ist derzeit Peter Wohlleben. In seinen Büchern beschreibt er unterhaltsam das geheime Leben der Bäume und die faszinierenden Mechanismen zwischen Tieren und Pflanzen, die sich in einem Wald abspielen.

Dass ein Waldspaziergang gesund sein kann und dem Körper und der Seele gut tut, kann ich intuitiv bestätigen. Dennoch klingt im Wald „baden“ wie der nächste große Wellness-Trend für gestresste Großstädter. Aber vielleicht ist doch mehr dran, als man denk

Tradition aus Japan

Das Waldbaden, genannt Shinrin Yoku stammt aus Japan und bedeutet, in den Wald eintauchen oder baden und bewusst die Luft und Stimmung der Bäume mit allen Sinnen aufnehmen. In Fernost hat es in der Medizin eine jahrzehntelange Tradition und ist eine anerkannte Therapieform. Das Phänomen der heilenden Kräfte von Bäumen beschreibt Professor Yoshifumi Miyazaki, eine Koryphäe in der Waldtherapieforschung, dessen Buch Heilsames Waldbaden dieses Jahr erstmals auf Deutsch erschien

Die Heilkraft der Bäume

In Studien konnten Forscher nachweisen, dass sich der Wald gesundheitsfördernd auf das Herz-Kreislauf-System und das Wohlbefinden auswirkt. Ein Aufenthalt im Wald entspannt, entschleunigt, senkt den Blutdruck und verringert die Pulsfrequenz. Es ist die beruhigende Atmosphäre des Waldes, die ausstrahlende Stille, das Rauschen eines Baches oder der Duft von ätherischen Ölen und Harzen, die dafür sorgen, dass es leichter fällt, zur Ruhe zu kommen und den Alltag loszulassen. In der Tat zeigte sich bei Probanden, dass ein achtsames Eintauchen in den Wald für tiefe Entspannung sorgte und dass Stresshormone zurückgefahren wurden. Ein Abschalten und Auftanken in der Unberührtheit des Waldes fördert nachweislich Heilungsprozesse und gilt als Gesundheitsvorsorge.

Aromatherapie für den Körper

Die Konzentration an lungengängigen Staubteilchen ist in der Waldluft um 90 Prozent geringer als in der Stadtluft. Terpene sind chemische Botenstoffe in der Luft, die von Bäumen und anderen Pflanzen ausgeschüttet werden, um sich gegenseitig vor bedrohlichen Insekten und Bakterien zu warnen. Mit organischen Duftstoffen kommunizieren die Pflanzen untereinander und schützen sich, indem sie alle gleichzeitig ihr Immunsystem hochfahren.

Die internationalen Forschungsergebnisse, die den positiven Einfluss von terpenhaltiger Luft auf die Abwehrkräfte des Körpers bestätigen, hat der österreichische Biologe Clemens Arvay zusammengetragen. Terpene, die bei einem Waldspaziergang über die Luft und die Haut aufgenommen werden, führten bei Versuchspersonen zur vermehrten Bildung von Lymphozyten, den weißen Blutkörperchen, die für unsere Immunabwehr verantwortlich sind.

Der Wald als wiederentdecktes Refugium

Es sind vermutlich die unverwechselbaren natürlichen Reize des Waldes, die sich günstig auf unser physisches und psychisches Wohlbefinden auswirken. Nicht ohne Grund haben Heilpraktiker und Therapeuten in Deutschland das Konzept der Waldtherapie bei Depressions- oder Burnout-Patienten übernommen. Offenbar ist das heilsame Waldbaden ein neuer Trend, der sich als notwendige Gegentendenz zur Hektik unserer modernen Gesellschaft etabliert. Ähnlich wie Yoga, Tai Chi oder Pilates hat inzwischen auch die Tourismusbranche Shinrin Yoku für sich entdeckt. Der Wald vor der eigenen Haustür ist unumstritten ein erholsamer Ort, der uns Menschen gut tut. Also, wer seinem stressigen Alltag entfliehen möchte, sollte öfters einen Ausflug in den Wald wagen, es kann sicherlich nicht schaden – ich habe es getestet und kann es nur empfehlen.

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