Yoga - Momente der kosmischen Harmonie oder: Von der Betrieblichen Gesundheitsförderung

Am 21. Juni war Weltyogatag – Zeit, mal wieder darüber nachzudenken, ob Körper, Geist und Seele im Einklang sind. Mal ehrlich – wann erlebt man schon Momente, in denen man eins mit sich und der Welt ist? Oder – je nach Gusto – sich selbst und der Welt vollständig entrückt? Momente, in denen man in der Stille der Seele die pythagoräische Sphärenmusik hört und die Gedanken frei sind, in denen man nicht auf einen leidenden, unzulänglichen Körper zurückgeworfen wird, sondern leicht wie ein Vogel ist? Zwischen Job, Haushalt, Familie und Freizeit, alles neuerdings Corona-bedingt hochkompliziert, ist es schwer, Balance zu halten, geschweige denn auch noch für Geist und Seele zu sorgen. Disziplin ist notwendig, und wer hat denn da immer Lust drauf? Ich wage die ketzerische Frage zu stellen, ob Disziplin überhaupt etwas mit Lust zu tun hat. Wo kriegen wir also die guten Ideen her, um uns lustvoll ganzheitlich ins Gleichgewicht zu bringen, also den Körper ausreichend zu trainieren, die Seele baumeln zu lassen und den Geist aktiv und wach zu halten?

Wie Yoga nach Europa kam

In unserem eigenen kulturgeschichtlichen Hintergrund sieht’s mit diesbezüglich guten Ideen eher finster aus. Viel Turnvater Jahn mit gestrengen Leibesübungen, Kniebeugen und kalten Güssen, aber ohne jegliche Verbindung zu Geist und Seele. Gesteigerte Leistung und Selbstoptimierung ist aktuell das Stichwort. Walken oder Joggen artet aus in Marathonlauf. Aus Bergwandern, meinem persönlichen Favoriten, was die Verbindung zwischen körperlicher Betätigung und seelischer Balance anbelangt, wird Berglauf, die Natur wird zum Sportgerät. Gymnastik wird an Kraftmaschinen optimiert und gipfelt in der Aussage von Herrn Kieser, Gott hab ihn seit Kurzem selig, Training müsse keinen Spaß machen, nur effektiv sein. Beides kann ich aus persönlicher Erfahrung bestätigen.

Vielleicht aus diesem Grund hat Yoga bei uns solch einen Siegeszug angetreten. Das Interesse an der indischen Kultur begann mit der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama 1498. Da das Land weitestgehend frei von katholischem Missionseifer gehalten wurde, konnte Yoga sich trotz des beginnenden Austauschs mit der westlichen Welt ungehindert weiterentwickeln. Goethe, beispielsweise kannte die Bhagawad Gita, die 1823 zum ersten Mal in einer deutschen Übersetzung erschien, und viele seiner Schriften zeugen von der Auseinandersetzung mit der indischen Kultur.

Unternehmen entdecken Yoga

Yoga ist Teil einer philosophisch-religiösen Lehre (Hinduismus) und eine Anleitung zum Erlangen höherer Bewusstseinsebenen und inneren Friedens. Ziel ist es, durch die Vereinigung von Körper, Geist und Seele den Weg zur Erleuchtung zu finden.

Für die betriebliche Gesundheitsförderung ist das vielleicht ein bisschen hoch gegriffen. Deshalb frage ich bei Dr. Jana Ranneberg nach, Leiterin des Fachbereichs Vertragsanalysen beim BKK Landesverband Bayern und ausgebildete Yogalehrerin. Unter ihrer Anleitung gönnen wir uns jeden Donnerstag eine aktive „Mikropause“ – die letzte der körperlichen Aktivitäten, die pandemiebedingt von einem reichhaltigen Angebot an betrieblicher Gesundheitsförderung übrig geblieben ist (Kurse zum Umgang mit Stress, Steigerung der Resilienz oder das Erlernen kritischer Gesprächsführung gibt es weiterhin, aber aktuell natürlich ausschließlich online). Bei schönem Wetter und angemessenen Temperaturen treffen wir uns im Garten. Wenn das nicht geht, tut es zur Not auch ein WebEx-Meeting. Wir strecken und beugen, dehnen und kräftigen, spannen und entspannen, bewegen und halten Balance. Und wir atmen. Spaß haben wir auch dabei. Ein Gespräch mit Jana bringt Licht in die vielen Vorteile, die Yoga bietet. Es gibt unendliche Varianten von Yoga, erklärt sie. Ob langsam und fließend (Hatha Yoga) oder kraftvoll und energetisch (Ashtanga Yoga), ob auf spezielle Lebenssituationen ausgerichtet (z. Bsp. Schwangere) oder gesundheitliche Probleme. Für alle Bedürfnisse ist etwas dabei.

#WirsindGKV – Yoga wird von den Gesetzlichen Krankenkassen unterstützt

Yoga hilft nachweislich gegen einige physische und psychische Erkrankungen wie Kopf- und Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Ängste und Depressionen und kann deshalb grundsätzlich von der Kasse bezuschusst werden, siehe Kursdatenbank - BKK Gesundheitsportal (bkk-gesundheit.de) .

Demzufolge variiert Janas Programm auch immer ein bisschen, zielt aber vor allem auf die Probleme bei sitzender Tätigkeit, also Schultern, Nacken, Rücken. Und was soll ich sagen? Es tut einfach gut. Die körperliche Bewegung wird mit einem bestimmten Atemfluss verbunden, erfrischt dadurch den Geist und nährt die Seele. Gut verankert im Hier und Jetzt können wir anschließend entspannter und konzentrierter unsere Arbeit erledigen und mit mehr Gelassenheit den Tag fortsetzen. Allerdings üben wir nur einmal die Woche und ich frage Jana, ob das überhaupt Sinn macht. Jana erklärt, dass diese kleine Übungseinheit sicherlich nicht alle Probleme lösen kann, aber es ist ein kleiner Wake Up Call, der das Bewusstsein für den Körper stärkt. Mit den Übungen, die Jana uns zeigt, können wir entstehende Verspannungen schneller bemerken und anhand der Übungen auch selbst lockern. Tatsächlich treffe ich in letzter Zeit in der Teeküche immer wieder auf Kolleg*innen, die – während sie darauf warten, dass das Wasser kocht – verschiedene Lockerungsübungen vollführen.

Der Weltyogatag, zu dessen Einführung 2016 das gesamte europäische Parlament unter Anleitung von Sri Sri Ravi Shankar auf Yogamatten entspannte, trägt der Tatsache Rechnung, dass die Praktiken des Yoga heute – bewusst oder unbewusst – in viele Bereiche unseres Lebens Eingang gefunden haben. Seit 2016 ist Yoga außerdem von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt.

Auf der offiziellen Yoga-Website der indischen Regierung prangt der indische Premierminister und fasst den Nutzen von Yoga in folgendem, durchaus pragmatischen Satz zusammen „Yoga ist ein Symbol des allgemeinen Strebens nach Gesundheit und Wohlbefinden. Es bedeutet Gesundheitsversicherung zum Nulltarif.“

In diesem Sinne: Namaste! (= indischer Gruß, in etwa: „Ich verbeuge mich.“)

 

(Stand: 30. Juni 2021)

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