Am Wochenende lockte die internationale Fachtagung „Psychoneuroimmunologie im Lauf des Lebens“ über 600 Wissenschaftler und Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Innsbruck. Aufgrund der dort vorgetragenen vielfältigen wissenschaftlichen Erkenntnisse für ein Zusammenwirken von psychischen, neurologischen, hormonellen und immunologischen Abläufen im Körper fordert Sigrid König, Vorständin des BKK Landesverbandes Bayern, erneut eine Neuausrichtung in der medizinischen Versorgung:
„Die Wissenschaft hat uns in beeindruckender Weise die Wechselwirkungen der verschiedenen Systeme im Körper bewiesen. Das bedeutet, dass wir zum Wohle der Menschen grundsätzlich in der Behandlung von Krankheiten und der Prävention umdenken müssen. Das bedeutet aber auch, dass der einzelne Mensch ursächlich viel mehr für seine Gesundheit tun kann, als ihm derzeit bekannt ist und aktiv einzubeziehen ist. Wenn wir die aktuellen bio-psycho-sozialen Erkenntnisse in die Versorgungspraxis bringen wollen, brauchen wir zudem ein Umdenken im gesamten Vergütungssystem.“
Viele Studien belegen, dass soziale Kontakte, ein gesunder Schlaf, ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität langfristig immunologisch fithalten. Andererseits schwächen Stress, Verdrängen, Streit oder Ärger das Immunsystem und damit den Körper. Weil aber Körper und Psyche in der aktuellen Versorgung einer Maschine ähnlich getrennt versorgt werden, wird oft an den Ursachen vorbei therapiert. Insbesondere bei chronischen Krankheiten greifen diese Erkenntnisse in der medizinischen Versorgung viel zu kurz.
Professor Christian Schubert, Mediziner und Psychotherapeut an der Medizinischen Universität Innsbruck sowie Initiator des Kongresses: „Wir brauchen eine Beziehungsmedizin, die nicht nur die Arzt-Patient-Beziehung in der Medizin in den Mittelpunkt rückt, sondern auch die Tatsache, dass die Qualität unserer Lebensbeziehungen darüber entscheidet, welche Lebenserwartung wir haben. Weil die derzeitige Maschinenmedizin genau das nahezu ignoriert, kann sie chronische Krankheiten nur behandeln, niemals heilen“.
Sigrid König ergänzt: „Die Menschen wollen sich mehr und mehr ursächlich und nicht nur symptomatisch behandelt wissen.“
Die bayerische BKK-Chefin fordert deshalb seit längeren, den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie einen Platz in der medizinischen Ausbildung, Fortbildung und Versorgung einzuräumen. Viele Betriebskrankenkassen unterstützen bereits diesen Ansatz, indem sie mit ihren Trägerunternehmen aktiv den Abbau von Stressoren für die Beschäftigten fördern. Mit Informationsangeboten, wie „Stark und positiv durchs Leben“, werden Versicherte direkt angesprochen, über die Bedeutung der psychischen Gesundheit aufgeklärt und zur Stärkung motiviert.
Zum Hintergrund der Psychoneuroimmunologie und des Kongresses
Negative Emotionen, Gedanken und Gefühle beeinflussen die körperliche Gesundheit. Sie machen die Menschen anfälliger für Infektionen, Entzündungen, Allergien oder andere Krankheiten. Umgekehrt sind Zusammenhänge zwischen einer positiven Einstellung und der Stärkung des Immunsystems bewiesen. Diese Zusammenhänge werden wissenschaftlich unter dem Begriff Psychoneuroimmunologie gebündelt.
In Stresssituationen produziert der Körper das Hormon Cortisol, das bei anhaltendem, also chronischem Stress leider eine körperschädigende Wirkung entfaltet: immunologische Abwehrfunktionen werden unterdrückt, der Fettstoffwechsel negativ beeinflusst, Körperzellen beschädigt, bösartige Zellen nicht ausreichend beseitigt und Gehirnfunktionen beeinträchtigt. Insbesondere, wenn Menschen längerfristig an Stress leiden, steigt das Risiko für schwere Erkrankungen dramatisch an. Darunter fallen beispielhaft Diabetes, koronare Herzerkrankungen, Demenz, Schlaganfall, Autoimmunkrankheiten und Krebs.
Vom 16. bis 18. September 2016 präsentierten Psychotherapeuten- und -analytiker, klinische Psychologen, Internisten, Kardiologen, Sportmediziner, Schlafforscher, Entwicklungspsychologen und weitere international anerkannte Experten neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in Innsbruck. Sie weisen darauf hin, dass mithilfe der Psychoneuroimmunologie eine wissenschaftlich belegbare Brücke zwischen psychischen und körperlichen Vorgängen geschlagen werden kann. Einwirkungen auf die Psyche führen zu immunologischen Veränderungen wie auch immunologische Veränderungen auf die Psyche wirken.
Weitere Informationen zum Thema:
www.psychoneuroimmunologie-kongress.at
Der BKK Landesverband Bayern vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen der Betriebskrankenkassen und ihren Versicherten in Bayern. Aktuell zählt der BKK Landesverband Bayern 17 Betriebskrankenkassen als Mitglieder mit über 3 Millionen Versicherten (Kassensitz). In Bayern selbst leben rund 2,52 Millionen Menschen, die bei einer Betriebskrankenkasse versichert sind. Damit verfügen die Betriebskrankenkassen im Freistaat über einen Marktanteil von gut 23 Prozent.