Mediziner müssen wissen, was dem Patienten nutzt

Bayerischer BKK Tag thematisiert Wissenstransfer in der Medizin. Beinahe täglich berichten die Medien über neue Behandlungsmethoden, werden Studien publiziert und neue Technologien und Medikamente auf den Gesundheitsmarkt gebracht.

Jedoch kommen beim Patienten im Behandlungsalltag nicht immer die Hilfen zeitnah an, die tatsächlich und ganzheitlich nutzen. Wirtschaftliche Interessen oder Informationsdefizite wirken sich auf Behandlungsentscheidung und -verlauf aus. Wie der Wissenstransfer in die medizinische Versorgung im Sinne der Versicherten gelingen kann, ist heute Thema einer Tagung der Betriebskrankenkassen (BKK), zu der der BKK Landesverband Bayern in München eingeladen hat.

Sigrid König, Vorständin des BKK Landesverbandes Bayern: „Viele medizinische Informationen sind subjektiv und interessengeleitet. Wenn wir Fehlbehandlungen und Leidenswege reduzieren wollen, brauchen wir einen neutralen Wissenstransfer, der den Versicherten in den Mittelpunkt der Versorgung stellt. Es ist wichtig, gerade auch jene Behandlungsmethoden zu unterstützen, welche die Selbstkompetenz und aktive Mitwirkung des Patienten stärken.“

Die Kanäle zur Verbreitung von Wissen funktionieren unterschiedlich gut. Während sich neue Operationsverfahren, Medikamente und Diagnosetechniken über unternehmensgestützte Fortbildungen schnell im medizinischen Versorgungsalltag verbreiten, haben es Versorgungsmethoden mit geringer finanzieller Lobby schwerer, in die Praxis zu gelangen. Ein Beispiel dafür findet sich in der Psychoneuroimmunologie, die den Versorgungsalltag grundsätzlich revolutionieren könnte. Da sie jedoch für die meisten Gesundheitsakteure ökonomisch unattraktiv und wenig bekannt ist, gelangt sie nur schleppend zum Patienten.

Dabei waren die Möglichkeiten der unabhängigen Informationsbeschaffung noch nie so groß und vielfältig wie heute. Von der Vielfalt wird aber offensichtlich zu wenig Gebrauch gemacht. Diversen Umfragen zufolge nutzen Ärzte für ihre Weiterbildung nach wie vor überwiegend deutschsprachige Fachpublikationen und industriegesponserte Fortbildungen. Letztere ordnen sie einer Studie zufolge sogar als wichtigste Informationsquelle für die Verwendung neuer Arzneimittel ein. Dass die Bedeutung des Internets und damit auch der Zugang zu unternehmensfreien Informationsquellen bei den Ärzten größer werden, lässt hoffen.

Der BKK Tag mit dem Titel: „Wissen: schafft Möglichkeiten“ wird heute, 23. März 2017, um 14.30 Uhr (Einlass ab 14:00 Uhr) im Konferenzzentrum der Hanns-Seidel-Stiftung in der Lazarettstr. 33 in München eröffnet. Folgende Referenten sind dabei:

Oliver Peschel, Professor für Rechtsmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zeigt am Beispiel der Rechtsmedizin, wie wichtig es ist, ergebnisoffene Fallanalysen zu betreiben. Michel Wensing, Professor für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Uniklinikum Heidelberg stellt dar, wo die Schwachstellen im medizinischen Wissenstransfer liegen und wie der Informationsfluss verbessert werden kann. Welche Hilfestellungen die Informationstechnik bei Diagnose und Therapie liefert, zeigt Mascha Minou Lentz, Ärztin und Mitglied im Healthcare Innovation Team bei IBM, anhand des Projekts Dr. Watson. Einen Einblick darin, welchen Herausforderungen sich Ärzte stellen müssen, um im Versorgungsalltag an hilfreiche Informationen zu kommen, liefert Heidemarie Lux, Vizepräsidentin der Bayerischen Landesärztekammer.

Die anschließende Podiumsdiskussion wird bereichert um die gesundheitspolitischen Fraktionssprecher im Bayerischen Landtag, Kathrin Sonnenholzner, SPD, und Bernhard Seidenath, CSU sowie der BKK Vorständin Sigrid König. Die Moderation des BKK Tages übernimmt Ursula Heller, Bayerisches Fernsehen.

Der BKK Landesverband Bayern vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Interessen der Betriebskrankenkassen und ihren Versicherten in Bayern. Aktuell zählt der BKK Landesverband Bayern 16 Betriebskrankenkassen als Mitglieder mit rund 3,1 Millionen Versicherten (Kassensitz). In Bayern selbst leben 2,35 Millionen Menschen, die bei einer Betriebskrankenkasse (BKK) versichert sind. Damit verfügen die Betriebskrankenkassen im Freistaat über einen GKV-Marktanteil von rund 22 Prozent.