Europäischer Gesundheitskongress 2024
Familiengesundheit im Fokus des #EGK2024
Verbesserung der Versorgung von Kindern und Familien
Am 10. und 11. Oktober 2024 trafen sich namhafte Vertreter und Vertreterinnen des Gesundheitswesens in München zum 23. Europäischen Gesundheitskongress. Der Kongress hat sich über die Jahre hinweg zu einer zentralen Plattform für den Informations- und Erfahrungsaustausch von Politik, Leistungserbringern und Krankenkassen zu aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen sowie zu den wirtschaftlichen und strukturellen Anforderungen im Gesundheitssektor entwickelt. In diesem Jahr war der BKK Landesverband Bayern zum ersten Mal mit einem hochkarätig besetzten Symposium exklusiv vertreten. Im Mittelpunkt hierbei das Thema: Kinder- und Familiengesundheit. Der Vorstand und zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKK Landesverbandes standen im intensiven Austausch mit Politik, Vertragspartnern und vielen weiteren Experten des Gesundheitswesens.
Als familienstärkste Kassenart nimmt die Gesundheit von Kindern bei den Betriebskrankenkassen (BKK) einen besonders hohen Stellenwert ein - nach dem Grundsatz: Eine Investition in die Gesundheit der jüngeren Generation zahlt sich generell aus und wirkt sich positiv auf die weitere Gesundheitsentwicklung im Erwachsenenalter aus. In Zusammenarbeit mit Facharztverbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und verschiedenen Arztgruppen bieten die BKK für Kinder, Jugendliche und Eltern seit Jahrzehnten innovative Versorgungslösungen über die Regelversorgung hinaus an. Das Ergebnis ist eine fünfgliedrige BKK-Versorgungskette, die alle Lebensphasen von der Familienplanung über Schwangerschaft, Baby- und Kleinkindalter bis zum Jugendalter abdeckt.
Dr. Ralf Langejürgen, Vorstand des BKK Landesverbandes Bayern: „Die Verbesserung der Versorgung von Kindern und Familien ist kein Projekt, das wir auf morgen verschieben können, denn Kinder sind unsere Zukunft. Es braucht einen nachhaltigen Schub in der Art und Weise, wie wir Kinder und Eltern versorgen und unterstützen.“
Die Weichen für ein gesundes Leben werden bereits in jungen Jahren und sogar vor der Geburt gestellt. Deshalb ist es wichtig, die altersgerechte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen kontinuierlich, lebensphasengerecht und verbindlich zu beobachten und bei Bedarf mit gezielten Maßnahmen zu fördern. Auch der Abbau von Hemmschwellen und Zugangsbarrieren steht im Fokus der Leistungen der Betriebskrankenkassen. Bereits seit 2007 werden über die BKK STARKEN KIDS interdisziplinär mit den Leistungserbringern Verbesserungsmöglichkeiten ausgelotet und umgesetzt.
Der Bedarf ist groß, denn die aktuelle Versorgung rund um das Thema Kinder und Familie weist viele Schwachstellen auf und viel Zeit geht durch Bürokratie verloren, stellte Dr. Michael Hubmann, Kinder- und Jugendarzt aus Zirndorf und seit 2023 Präsident des BVKJ e.V., in seinem Impulsvortrag fest. Er sieht großes Potenzial in der Digitalisierung, Vernetzung und Interprofessionalität. Denn durch die Digitalisierung sparen Ärzte und Versicherte Zeit, die sie in zielgerichtete Versorgung investieren können. Er schätzt, dass Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Bürokratie und Verwaltung verbringen, die sie von der Versorgung abhalten. Der Pädiater plädiert für eine sektorenübergreifende Versorgung, die auch in den ambulanten Disziplinen interdisziplinär sinnvoll sei, wie das Zusammenspiel in den BKK-Verträgen zeige.
Für die Gynäkologin Dr. Marianne Röbl-Mathieu, stellvertretende Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) und dort Mitglied in zahlreichen Arbeitsgruppen, ist die Mädchensprechstunde (M1) ein Herzensprojekt, für das sie sich seit vielen Jahren einsetzt und das den Kanon der BKK-Vorsorgeuntersuchungen ergänzt. Das bundesweite Programm startete am 1. Oktober 2024. Es baut als niedrigschwelliges Versorgungsangebot ohne eine gynäkologische Untersuchung erste Berührungsängste ab. Ein proaktives Screening zu pubertären Themen bei Mädchen wie Zyklusgeschehen, Verhütung und Schutz vor Geschlechtskrankheiten greift die besonderen Herausforderungen von Jugendlichen auf.
Mit einer Prävalenz von 15 Prozent sei die Zahl der peripartalen Depressionen in Deutschland erschreckend hoch, dennoch werde das Thema immer noch stark tabuisiert, stellte Dr. Susanne Simen, Oberärztin der Psychiatrie am Klinikum Nürnberg, fest. Hier setzt das BKK-Projekt UPlusE (UPlusE - U-Untersuchung für Kinder plus Eltern beim Pädiater zur Förderung der kindlichen Entwicklung mit Impuls aus der frauenärztlichen Schwangerenvorsorge) an, das unter der Konsortialleitung von Dr. Simen steht und vom Gemeinsamen Bundesausschuss über den Innovationsfonds gefördert wird. UPlusE arbeitet App-basiert mit dem Ziel, durch frühzeitige Intervention die psychische Gesundheit von Eltern rund um die Geburt und im ersten Lebensjahr zu stärken, ihre psychosozialen Belastungen zu reduzieren sowie die Eltern-Kind-Beziehung und die Gesundheit des Kindes zu verbessern. Durch ein Screening bei Schwangeren und jungen Eltern fördern die BKK die Früherkennung und Behandlung von peripartalen Depressionen, die einen direkten Einfluss auf die Gesundheit des Neugeborenen haben.
Prof. Dr. Matthias Keller, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche, Kinderklinik Dritter Orden Passau, stellte die Telekommunikationsplattform TeleKiN vor - ein virtuelles Kinderkrankenhaus, das aus einer Notsituation durch Corona entstanden ist. Ziel war es, so schnell wie möglich eine Kommunikationsplattform aufzubauen, die den Austausch von Bildern, Texten und Videos ermöglicht und hochqualifizierte Fachressourcen in der pädiatrischen Medizin ortsunabhängig zugänglich macht. Mittlerweile hat das Projekt 95 Prozent der Bettenkapazitäten in Bayern vernetzt. Der Aufbau der Plattform sei schnell gegangen, so Keller, eine Herausforderung sei jedoch der elementare Datenschutz gewesen.
Fazit der von Prof. Dr. Andreas Beivers moderierten Diskussion war, dass in Deutschland mehr Digitalisierung, mehr niedrigschwellige, sektorenverbindende Versorgungskonzepte, aber auch Gestaltungsspielräume für alle Beteiligten notwendig sind, um innovative und gesellschaftlich wertvolle Lösungen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Regulatorische Hürden müssten abgebaut, der Datenschutz handhabbar und die Politik über Legislaturperioden hinaus handlungsfähig werden. Dr. Langejürgen: „Nicht nur die finanziellen Ressourcen sind knapp, auch unsere Kinder sind vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ein knappes, schützenswertes Gut, das unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Dafür brauchen Krankenkassen und Leistungserbringer einen gesetzgeberischen und finanziellen Handlungsrahmen, der gute, nachhaltige Versorgung ermöglicht.“
BKK Landesverband Bayern auf dem EGK 2024
Fokusthema des Symposiums war die Verbesserung der Versorgung von Kindern und Familien. Folgende Referentinnen und Referenten waren mit ihrer Expertise dabei:
- Dr. Michael Hubmann
- Dr. Ralf Langejürgen
- Dr. Marianne Röbl-Mathieu
- Dr. Susanne Simen
- Professor Dr. Matthias Keller
Moderation: Prof. Dr. Andreas Beivers