Verwaltungskosten in der GKV
Kassenvielfalt steht für Effizienz und Innovation in der Versorgung
In marktwirtschaftlichen Systemen ist der Wettbewerb der Schlüssel zum Erfolg. Wettbewerb, so schon die Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft Walter Eucken und Franz Böhm, steht für ein unablässiges Entdeckungsverfahren. Der Staat setzt den ordnungspolitischen Rahmen, sorgt für die Einhaltung von fairen Wettbewerbsbedingungen und überlässt ansonsten den Unternehmen und den anderen Marktakteuren das Feld. Das gilt auch für die Gesetzliche Krankenversicherung. Denn der Staat lässt bewußt der Selbstverwaltung die Freiheit, im Sinne der Versicherten kassenindividuell attraktive Versorgungsangebote zu entwickeln. Angetrieben durch den Wettbewerb wird die Versorgung qualitativ besser und effizienter, weil große und kleine, traditionelle und geöffnete, regionale und bundesweite Krankenkassen um Versicherte und innovative Versorgungsangebote konkurrieren.
Großbürokratien sind – wie die Wirklichkeit im Umgang mit staatlichen Behörden tagtäglich beweist – in der Regel starr und unbeweglich. Die Betriebskrankenkassen leben seit Generationen das Prinzip Wettbewerb und belegen jeden Tag, dass Größe nichts mit Wirtschaftlichkeit zu tun hat. Dabei lautet das jahrzehntelang erfolgreich praktizierte Gegenmodell: Effizienz durch schlanke Strukturen, Kundennähe durch Flexibilität und Innovationskraft durch Wettbewerb.
Das alles schlägt sich unmittelbar im Bereich der Verwaltungskosten nieder. So liegen z. B. die deutlich größeren Ortskrankenkassen (AOK) bei durchschnittlichen Verwaltungskosten von 186 Euro je Versicherten. Die Betriebskrankenkassen kommen im Schnitt mit gerade einmal 155 Euro aus. Dabei ist die Varianz groß und reicht von rund 250 Euro Verwaltungskosten je Versicherten bei einer millionenschweren Krankenkasse bis hinunter zu 74 Euro je Versicherten bei einer BKK mit rund 90 Tausend Versicherten.
Keine Korrelation zwischen Größe einer Krankenkasse und Niveau der Verwaltungskosten
- Nebenstehende Grafik verdeutlicht, dass sich aktuell nahezu alle Betriebskrankenkassen mit Sitz in Bayern mit ihren Verwaltungskosten im unteren linken Quadranten des graphischen Vergleichsmodells bewegen. Das heißt, sie sind im GKV-Vergleich vergleichsweise klein, liegen aber fast ausnahmslos unterhalb des GKV-Verwaltungskosten-Durchschnitts von 170 Euro je Versicherten.
- Etliche BKK mit Sitz in Bayern liegen mit ihren Verwaltungskosten selbst unterhalb der als besonders effizient geltenden Techniker Krankenkasse. Rekordhalter sind hier die Krones BKK, die BKK Faber Castell & Partner, die Audi BKK und die BMW BKK.
- Insgesamt bleibt festzuhalten: Die Zahlen sprechen eine unmissverständliche Sprache. Es gibt keinerlei Korrelation zwischen der Größe einer Krankenkasse und dem Niveau der Verwaltungskosten. Im Gegenteil: Größe und damit Zentralität stehen ganz überwiegend für höhere Bürokratiekosten und geringere Effizienz!
Was steckt eigentlich hinter den Verwaltungskosten?
Der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im GKV-System orientiert sich allein an den Bedürfnissen der Versicherten. Gewinnerzielungs- oder Renditeabsichtenb wie in der Privatwirtschaft spielen in der GKV keine Rolle. Die Krankenkassen leben von einer funktionierenden Wirtschaft und vom Wirtschaftswachstum und sind, was die internen Verwaltungsprozesse angeht, selbstverwaltete Körperschaften mit einer Vielzahl von zum Teil sehr personalintensiven öffentlichen Aufgaben:
Aufnahme, Abmeldung und Pflege der Mitgliederdaten und auch die Bearbeitung von Anträgen und die Kommunikation mit den Versicherten.
Sorge dafür, dass Leistungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und die Qualität der Versorgung sichergestellt ist.
Unterstützung und Beratung für die Versicherten, Beantwortung bei Fragen zu Leistungen, Beiträgen und anderen Anliegen.
Programme zur Gesundheitsförderung und Prävention, um die Gesundheit der Versicherten zu unterstützen.
Abrechnung der erbrachten Gesundheitsleistungen mit den Leistungserbringern, wie Ärzten und Krankenhäusern.
Die Verwaltung überwacht die finanziellen Mittel der Krankenkasse, plant das Budget und sorgt für eine nachhaltige Finanzierungsstrategie.
Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und rechtliche Vertretung.
Dabei wird die tägliche Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die unmittelbare Versicherten- bzw. Kundenbetreuung bestimmt. Ausgerichtet am Beispiel einer mittelgroßen Betriebskrankenkasse lassen sich 70 Prozent der Aufwendungen für Verwaltung der Versichertenberatung bzw. -betreuung zuordnen. Diese Leistungen sind zum überwiegenden Teil gesetzlich vorgeschrieben und kommen ganz unmittelbar den Versicherten und ihrer Gesundheit zugute.
Anzahl und Entwicklung der Beschäftigten in der GKV-Verwaltung
In der Gesetzlichen Krankenversicherung waren im Jahre 2023 rund 74,3 Millionen Menschen versichert. Diese gewaltige Versichertengemeinschaft repräsentiert gut 90 Prozent der Bevölkerung in unserem Land. Auf der anderen Seite kümmerten sich im gleichen Jahr GKV-weit gut 132 Tausend Krankenkassenmitarbeitende um ihre Versicherten.
Wie die folgende Tabelle zeigt, ist die Zahl der Beschäftigten in der Verwaltung im Vergleich zum Jahr 2005 – trotz unzähliger Gesetzesänderungen und damit verbundener Leistungsausweitungen – nicht etwa gestiegen, sondern um 2,7 Prozent zurückgegangen. Parallel dazu hat sich die Betreuungsquote der GKV-Versicherten je Beschäftigten im Zeitraum von 2005 auf 2023 von 519 auf 563 erhöht, was ganz überwiegend auf den stärkeren Einsatz von digitalen Prozessen und Verwaltungsvereinfachungen zurückgeht.
Anzahl Krankenkassen | Versicherte (jeweils Juli) | GKV Beschäftigte | Betreuungsquote (Beschäftigte je Versicherten) | |
---|---|---|---|---|
2005 | 385 | 70,5 Mio. | 135.695 | 519 |
2023 | 96 | 74,3 Mio. | 132.062 | 563 |
Veränderung 2005 zu 2023 | -75 % | 5,3 % | -2,7 % | 8,5 % |
Dieser Trend unterstreicht den besonderen Stellenwert der Beratungs- und Betreuungsleistungen in der GKV, dass selbst der seit Jahren anhaltende Rückgang der Kassenzahl im genannten Zeitraum um 75 Prozent nicht mit einem Rückgang der Beschäftigtenzahl korreliert. Vielmehr ist es ein Zeichen von fortschreitender Effizienz in der GKV, dass trotz zunehmender gesetzlicher Anforderungen (Stichwort: Versorgungsmanagementprogramme, Dokumentationspflichten etc.) die Betreuungsquote in der GKV kontinuierlich steigt.
Ein Blick über den GKV-Tellerrand in die Deutsche Rentenversicherung als größte „Einheitskasse“ der Republik belegt, dass die GKV den Vergleich in Punkto Verwaltungskosten keinesfalls zu scheuen braucht: Bei der Deutschen Rentenversicherung liegt die Betreuungsquote der Beschäftigten zu ihren Versicherten nur bei 1 zu 400 und damit rund 40 Prozent unter dem GKV-Niveau.
In welchem Verhältnis stehen die Verwaltungskosten zu den Gesamtkosten?
2023 wendete die GKV rund 12,6 Milliarden Euro für Verwaltung auf. Der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtausgaben der GKV ist aufgrund des technischen Fortschritts und der überproportional steigenden Leistungsausgaben seit Jahren rückläufig. 2023 lag der Anteil GKV-weit bei 4,12 Prozent, bei den BKK etwas darunter bei 4,1 Prozent. Für das Jahr 2024 ist ein leichter Anstieg auf 4,3 Prozent kalkuliert.
Kasse | 2010 | 2015 | 2020 | 2023 |
---|---|---|---|---|
AOK | 5,41 | 4,91 | 4,96 | 4,48 |
BKK | 5,66 | 4,89 | 4,40 | 4,10 |
IKK | 5,89 | 4,95 | 4,71 | 4,40 |
KBS | 3,96 | 3,91 | 4,34 | 3,75 |
LKK | 4,89 | 4,73 | 5,10 | 5,47 |
VDEK | 5,34 | 4,93 | 4,01 | 3,72 |
Gesamt | 5,40 | 4,88 | 4,49 | 4,12 |
Das heißt, die GKV gab 2023 bei einem Gesamtvolumen der Ausgaben von 306,4 Milliarden Euro rund 12,6 Milliarden Euro für die Verwaltung und Betreuung der 74,3 Millionen Versicherten aus. Dabei sind rund 88 Prozent der Verwaltungsausgaben durch Personalkosten begründet, die wiederum zum weit überwiegenden Teil für die Versichertenbetreuung und -beratung stehen.
95 Prozent des Ausgabenkuchens der GKV fließen jedoch in die zuletzt massiv gestiegenen Leistungsausgaben, vor allem im stationären und ambulanten Bereich, aber auch für Medikamente und sonstige Heil- und Hilfsmittel.
Grafik: Verteilung der GKV-Ausgaben und der Verwaltungskosten III/2024
Die in der öffentlichen Diskussion immer wieder angeführten Ausgaben der Kassen für Werbung und Marketing machen gerade einmal gut 2 Prozent der Nettoverwaltungsausgaben und damit knapp 0,1 Prozent der Gesamtausgaben der GKV aus. Dabei unterliegen die Ausgaben für allgemeine Werbemaßnahmen strikten Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die im Sozialgesetzbuch unter § 18 SGB IV streng gesetzlich fixiert sind.
Auch die Gehälter der Vorstandsvorsitzenden in der GKV fielen im Jahr 2023 mit einem Anteil von 0,0054 Prozent bei den Gesamtausgaben der GKV kaum ins Gewicht[1].
Übrigens: Auf eine Bundestagsanfrage stellte die Bundesregierung zuletzt im Januar 2025 die Bedeutung der freien Krankenkassenwahl und des Wettbewerbs zwischen den Krankenkassen heraus. Kassenvielfalt wird als wesentliches Steuerungsinstrument in der gesetzlichen Krankenversicherung gesehen. Eine Zusammenlegung von Krankenkassen würde - so die Bundesregierung - nicht zu einem höheren Einsparpotenzial bei den Verwaltungskosten führen.[2]
[1] Bundesamt für Soziale Sicherung auf Basis der Veröffentlichung im Bundesanzeiger 2024 und eigene Berechnung auf Basis KV45.
[2] Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Dittmar, BMG vom 21.01.2025 auf die Anfrage des Abgeordneten Dr. Carsten Brodesser (CDU/CSU), Bundestags-Drucksache 20/14639