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Rettungsdienst und Notfallhilfe in Deutschland: Eine kritische Bestandsaufnahme.

Parlamentarisches Frühstück mit dem Rettungsdienstexperten Christof Chwojka.

Am 23. Oktober 2025 lud der BKK Landesverband Bayern erneut Abgeordnete aller Fraktionen zu einem politisch-fachlichen Austausch im Rahmen eines „Parlamentarischen Frühstücks“ in den Bayerischen Landtag. Als Experte geladen war Christof Chwojka, Geschäftsführer der Björn Steiger Stiftung, und profunder Kenner der Rettungsdienstsysteme in Europa.

Blick in den Tagungsraum. Christof Chwojka präsentiert seine Erkenntnisse.
Parlamentarisches Frühstück zum Thema Rettungsdienst mit Experte Christof Chwojka, Geschäftsführer der Björn Steiger Stiftung. © BKK Landesverband Bayern

Auf einer Fläche von 70.550 km² versorgen in Bayern ca. 350 Rettungswachen, 220 Notarztstandorte, 15 Luftrettungen plus Berg- und Wasserrettung rund um die Uhr 13 Millionen Einwohner. Eine flächendeckende Versorgung, die sich sehen lassen kann. Dennoch sieht sich der Rettungsdienst mit großen Herausforderungen konfrontiert, wie etwa anwachsenden Einsatzzahlen, steigender Einsatzdauer und erheblichen Kostensteigerungen bei gleichzeitig anwachsendem Personalmangel. 

„Aktuell haben wir im Rettungsdienst zu viele sogenannte ‚Low-level Events‘“, so Christof Chwojka einleitend, „also Einsätze, für die der Rettungsdienst gar nicht zuständig ist und die sehr gut auch vom ärztlichen Bereitschaftsdienst, bzw. von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten abgedeckt werden könnten. Die Folge ist, dass die Rettung für diejenigen Bereiche, in denen sie dringend gebraucht würde, nur begrenzt verfügbar ist.“

Als entscheidenden Lösungsaspekt für dieses Problem nennt Chwojka eine bessere Patientensteuerung. Die Leitstellen müssten wie „Gatekeeper“ agieren und Patientinnen und Patienten bereits beim eingehenden Notruf zum „Best Point of Service“ lenken. Dies würde überflüssige Krankentransporte vermeiden und Kosten einsparen. Sinnvoll wäre bspw. eine digitale Vernetzung zwischen den Rufnummern 112 für Notfälle und der 116 117 für Anliegen, die kein medizinischer Notfall sind, sowie die Integration von Palliativteams und anderen Dienstleistern aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich. Gute Ansätze hierfür sind in Bayern bereits erkennbar.

Der Rettungsdienstexperte plädiert außerdem für standardisierte, qualitätsgeprüfte Systeme, die es der Leitstelle ermöglichen, Hilfesuchende in die passende Gesundheitseinrichtung zu leiten. Effizienzgewinne sieht er außerdem in einer stärkeren Digitalisierung des Rettungswesens über z. B. cloudbasierte Leitstellen, das Abwickeln von Notrufen via Whatsapp, Apps oder Chat-Bots sowie Zugriffsmöglichkeiten des Rettungsdienstes auf die elektronische Patientenakte. 

Als weiteren wesentlichen Reformpunkt, vor allem auch in Bezug auf eine finanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung, nennt Chwojka die Aufnahme der rettungsdienstlichen Notbehandlung als eigenständiges Leistungssegment in das Sozialgesetzbuch V. Denn momentan wird lediglich der Transport in das Krankenhaus vergütet, nicht aber die medizinische Leistung. Eine Folge davon: Zu viele Krankentransporte ins Krankenhaus ohne medizinische Notwendigkeit. 

Am Ende bemüht Chwojka noch einmal den internationalen Vergleich: „Egal ob in Österreich, den Niederlanden, Dänemark oder im Blick auf das grenzüberschreitende Agieren der Tschechischen Republik – es gibt in vielen Bereichen der Nachbarländer interessante Ansätze, die man sich abschauen kann“, stellt Chwojka fest und ermutigt gleichzeitig zu einem konsequenten Benchmark, um sich im Rahmen eines „Lernens von den Besten“ in Zukunft im deutschen Rettungsdienst noch optimaler und nachhaltiger aufzustellen. 

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