Tausend Krankheiten oder eine Gesundheit? Bayerischer BKK Tag 2014 diskutiert Perspektivenwechsel im Gesundheitswesen

Im Gesundheitswesen nimmt der Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen zu. Sollen drohende Versorgungsengpässe verhindert werden, ist dringend ein Umdenken nötig. Welche Rolle spielen hierbei neue Präventionsmöglichkeiten? Wie lassen sich finanzielle Anreize setzen, um die Menschen gesund zu halten und knappe Ressourcen effizient zu nutzen? Diese und weitere Fragen waren Thema des BKK Tages der Betriebskrankenkassen (BKK), der am 18. April 2024 in München stattfand und knapp 200 Gäste aus dem Umfeld des Gesundheitswesens in das Konferenzzentrum der Hanns-Seidel-Stiftung zog.

Dr. Mark Reinisch, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates des BKK Landesverbandes Bayern stellte die Bedeutung der Betriebskrankenkassen mit einem hohen Marktanteil in Bayern von 22,3 Prozent heraus.

In seiner Einführungsrede ging Dr. Ralf Langejürgen, Vorstandsvorsitzender des BKK Landesverbandes Bayern auf die Chancen von Prävention für die Gesundheitsversorgung ein: „Es ist ein gesellschaftlicher Gewinn, dass die Lebenserwartung der Menschen immer weiter steigt. Mit der längeren Lebenszeit steigen jedoch regelmäßig auch die Jahre, die von Krankheit geprägt sind, während der Anteil der gesunden Lebensjahre prozentual nicht mitwächst. Dabei könnten wir gerade bei den chronischen Volkskrankheiten durch frühzeitige Vorsorgemaßnahmen die Lebensqualität verbessern und damit letztlich auch die Krankheitskosten reduzieren.“

Die bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention, Judith Gerlach bekräftigte in ihrem Grußwort zur Eröffnung des BKK Tages: „Prävention ist heute wichtiger denn je. Denn Zivilisationskrankheiten, globale Krisen, der demografische Wandel und der Fachkräftemangel in Versorgung und Pflege stellen uns vor enorme Herausforderungen. Mit unserem Masterplan Prävention setzen wir genau da an. Wir verbessern die Gesundheitskompetenz der Menschen und nehmen die häufigsten Gesundheitsrisiken und neuen Herausforderungen unserer Zeit in den Blick. Dazu gehören die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels, die Zunahme psychischer Erkrankungen und auch der Umgang mit Suchtmitteln. Klar ist: Um Krankheiten zu vermeiden, müssen wir insbesondere auch die Vorsorge stärken.“

Prof. Dr. Claudia Schmidtke, Sprecherin Universitäres Herzzentrum Lübeck und ehemalige Patientenbeauftragte der Bundesregierung stellte in ihrem Vortrag heraus, warum wir unser Gesundheitswesen dringend neu justieren müssen: „Krankheits- und Pflegelast steigen, während immer mehr Fachkräfte fehlen. Um massive Versorgungsengpässe zu verhindern, müssen wir schnell handeln und das heutige Krankheitswesen zu einem Gesundheitswesen umstrukturieren, also den Fokus auf die Belohnung von „Gesundheitsproduktion“ legen.“

Dr. Simon Reif, Professor für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Gesundheitsmärkte an der FAU Erlangen-Nürnberg, führte aus, wie sich über einen nachhaltigen Risikostrukturausgleich (N-RSA) Fehlanreize der Gesundheitsversorgung reduzieren ließen: „Jedes Jahr erhalten die Gesetzlichen Krankenversicherungen die erwarteten Kosten für ihre Versicherten über den RSA zugeteilt. Dieses System belohnt zwar kurzfristige Einsparungen, vernachlässigt jedoch langfristige Investitionen in Prävention und innovative Versorgungsformen. Der Fehlanreiz aus dem RSA kann durch eine Reform hin zu einem nachhaltigen Risikostrukturausgleich reduziert werden.“

Jürgen Graalmann, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter Die BrückenKöpfe GmbH stellte dar, warum es gerade jetzt so immens wichtig ist, unser Gesundheitswesen neu auszurichten: „Unser Gesundheitswesen ist in keiner Dimension nachhaltig- nicht ökologisch, nicht ökonomisch, nicht sozial! Es braucht einen klaren Fokus auf präventive Interventionen in einem personalisierten Versorgungskontinuum. Statt stetig und hitzig über Symptome zu diskutieren, muss unser Krankheits- zu einem Gesundheitssystem werden!“

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Jan Baumann, Hartmannbund - Junge Ärztinnen und Ärzte, Elisabeth Süß, Abteilungsleiterin Prävention beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, Martina Stamm-Fibich, SPD-Mitglied des Bundestages und des Ausschusses für Gesundheit, Jürgen Graalmann und Gastgeber Dr. Ralf Langejürgen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Tilmann Schöberl, der auch das Auditorium in die Diskussion nahm.

Das Fazit: Das Gesundheitswesen steht aktuell vor immensen Herausforderungen, die aber auch eine Chance sind, einen höheren Stellenwert von Prävention in unserem Gesundheitswesen zu erreichen.

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3 Fragen an Dr. Ralf Langejürgen, Vorstandsvorsitzender BKK Landesverband Bayern

Dr. Ralf Langejürgen, Vorstandsvorsitzender BKK Landesverband Bayern, zu den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft bei begrenzten Ressourcen.

Video demnächst hier.